SPIEL(E)ABEND, Astrid Hennies - UniScripta Verlag, edition ullrich

UniScripta Verlag
Direkt zum Seiteninhalt

SPIEL(E)ABEND, Astrid Hennies

Leseproben

Inhalt


Spiel(e)abend - ein Theaterstück, in dem es um eine lang zurückliegende Schuld, um Lebenslügen und Ehekonflikte geht. Wie immer seit 20 Jahren treffen sich drei Ehepaare zum Kartenspiel, sind vertraut miteinander, müssen aber an diesem Abend erkennen, dass sie nur die äußere Fassade der anderen gesehen haben. Als die endgültige Entscheidung über die Verwirklichung  eines gemeinsamen Wohnprojektes getroffen werden soll, brechen unterschwellige Konflikte und bisher verdrängte Probleme offen aus. Unter dem Druck des anstehenden Beschlusses kommen Wahrheiten, alte Rechnungen und Affären zur Sprache. Und dann kommt noch ein Besucher aus der Vergangenheit. Es wird ein sehr emotionaler Abend.

Leseprobe


Edwin
Können wir jetzt anfangen?  (er verteilt Karten)
Wer setzt aus?
Kurt
Ich setze erst mal aus.
(steht auf, geht zur Bar, holt einen Ordner, er rechnet und schreibt)
Ute
(überheblich, fächelt mit dem Fächer)
Ich weiß nicht, wie ihr dieses fürchterliche Wetter in Deutschland aushaltet. In Kenia war jeder Tag  strahlend schön. Ich war ständig  am Strand.
Rosa    
(wirft Arne einen Blick zu)
Man sieht’s, du bist ja richtig braun gebrannt.
Edwin   
(mürrisch, reicht Sarah seinen Teller)
Und irgendwann kommt der Hautkrebs.
Ute
Diese Sonnenuntergänge und die Elefanten am Kilimandscharo.
Rosa
Im Fernsehen sprachen sie von furchtbarer Trockenheit in Ostafrika und von drohender Hungersnot.
Ute
Ach, das war im Tsavo, wir waren im Amboseli –  also ich kann euch sagen: Grandios- Giraffen, Zebras, Gnus und Löwen!
Edwin
Na, die sahen aber ziemlich räudig aus, wenn ich mich richtig erinnere.
Arne  
(verschwörerisch)
Und du, Edwin, was machst du eigentlich die ganze Zeit da?
Edwin
(zögernd)
O ja, war schon interessant.
Ute   
(
fällt ihm ins Wort)
Was heißt interessant! Du warst doch die meiste Zeit auf dem Tennisplatz. Meine Güte, bei dieser Hitze
Edwin
(
trinkt Bier)
Na und, jeder nach seinem Gusto. (Schaut sein Bier an) Aber wisst ihr, was mir am meisten gefehlt hat?  So ’n richtig schönes kaltes Bier vom Fass. Prost!

(Alle prosten sich zu)
Ute
Das war eben kultivierter da – very british, der Sundowner am Pool oder in den Lodges auf der Veranda serviert – die haben einen prima Whisky da.
Edwin
Na, den hast du ja auch recht oft konsumiert. Du kommst raus, Arne.
(Sie trinken, naschen, spielen mit den Karten, füllen Gläser auf, holen Getränke, begutachten die Weinflaschen oder laufen  umher)
Rosa
Hört sich ja toll an.
Edwin
(
zögerlich)
Ja, ist auch ganz interessant, aber ich bin auch froh, wieder mal zuhause zu sein. Ewig diese Rundreisen. Fast jede Nacht in einem anderen Bett.  Furchtbar.
Ute
Das einzige, was dich interessiert, ist doch dein Sport. Wenn der nicht seine Jugendmannschaft um sich hat, die er trainiert, ist er nicht glücklich.
Arne
Das ist mein Stich.
(Er nimmt die Karten auf und spielt neu aus .Eine Karte fällt herunter.)
Edwin
Lass mich doch meinen Stiefel machen. Du steckst deine Energie eben in was anderes, na wenigstens musste ich auf dieser Reise nicht ständig  irgendwelche Kirchen, Museen, Galerien und alte Steine besichtigen.
Ute
Ja, und wenn du nicht Tennis spielen kannst, kriegst du einen Hang zum Horizontalen
Edwin
Na ja, wir sind halt nicht mehr die Jüngsten.
Ute  
(pikiert)
Ach du immer mit deinem Alter. Man ist so alt, wie man sich fühlt. Meld dich doch an für einen 'Platz an der Sonde' , aber ohne mich.
Das sind meine Karten! Na, unsere nächste Reise wird eine Kreuzfahrt, da musst du nicht den Ort wechseln und kannst so viel du willst horizontal liegen. Her mit den Karten!
(Sie spielt eine neue Karte auf)
Edwin
Mach mal langsam, das nächste Mal fahr ich nach Thüringen.
Ute
(verächtlich und langgezogen)
Thüringen!!
Edwin
Es ist eine Schande, 20 Jahre Wiedervereinigung und wir waren  immer noch nicht da.  Sag mal, Arne, du kommst doch auch von drüben.
Arne
Aus Mecklenburg, nicht aus Thüringen.
„Drei-Meere-Land" haben wir es immer genannt: Kiefernmeer – Sandmeer – gar nichts mehr. Also, ich hab keinerlei Sehnsucht, da wieder hinzufahren.
Edwin
Warum eigentlich nicht, jetzt wo wir doch wiedervereinigt sind
Arne    
(unwirsch)
Was soll ich da? Plattes Land, viel Wasser, maulfaule Bauern und kennen tu ich sowieso niemanden mehr.
Edwin
Komisch, immer, wenn wir von „drüben" sprechen, wirst du so ..., so mürrisch.
Arne  
(wütend)
Und was willst du damit andeuten?
Edwin
Nichts, absolut nichts, beruhige dich. Wer ist jetzt dran?
Arne
Du bist dran, Edwin.
Ute
Aber eins muss ich euch noch erzählen, wir haben ganz toll eingekauft, ich kann euch gar nicht sagen, wie billig da alles  ist. Da kann man noch richtige Schnäppchen machen.
Rosa
Ich bin gerade dabei, unsere Wohnung  zu entrümpeln. Furchtbar, was sich alles ansammelt.  
Ute
Man muss halt wissen, was man kauft. Dazu gehören eben Geschmack und Stilbewusstsein. Und außerdem, wenn man so in der Welt rumkommt, wie  wir, dann ...
Arne
(leicht genervt)
Ute, wir wissen es ... du und Edwin, ihr seid unsere Global Player.
Edwin

Gezwungenermaßen, Arne, nur gezwungenermaßen

Zurück zum Seiteninhalt