Bis auf Heiteres - UniScripta Verlag, edition ullrich

UniScripta Verlag
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Bis auf Heiteres

Leseproben

Inhalt

Nein, heiter sind sie wirklich nicht, die vorliegenden Geschichten und Gedichte, eher tiefgründig, auch traurig, gelegentlich skurril und mysteriös – geprägt von den Lebenserfahrungen der Autoren Wolfgang Ullrich und Gerhard Schrick. Das inhaltliche Spektrum der Beiträge ist breit angelegt: Es reicht von Erfahrungen in der Kindheit, des Alltages und der Einsamkeit bis hin zu Traumerlebnissen und satirischen Betrachtungen.
Die Texte sind knapp und klar, ohne Schnörkel und schmückendes Beiwerk, immer fokussiert auf die Botschaft, die der Autor mit der Geschichte oder dem Gedicht vermitteln will.
 

Leseproben


Zärtliches Wasser
Gerhard Schrick




Das Bild im Wasser, wie es zärtlich fließt
Ich schau die Schönheit seiner Macht
In deinen Augen die durchwachte Nacht.
Das Leben, wie es wächst und sprießt.

Dann schäumt es auf, schwillt mächtig an.
Der Damm hält stand, bevor er bricht
Mein Bach wird bald zum Ozean.
Die Flut verzerrt mir dein Gesicht.

Die Wahrheit bleibt im Augenblick verschlossen.
Werd ich dein Traumbild jemals wiedersehen
Und die Gewalten der Natur verstehen?

Die Träume sind im Strom der Zeit verflossen.
Die See wird ruhig, der Sturm vergeht.
Mein Bild von dir vom Wind verweht.



Bei Dalbo

Wolfgang Ullrich



Ich gehe regelmäßig zu Dalbo, meist dienstags oder freitags, sobald ich die am Tag zuvor erschienenen ganzseitigen Anzeigen von Dalbo studiert habe. Ich gehe selbst dann, wenn ich genau weiß, dass ich keinen der Artikel aus der Anzeige wirklich brauche. Heute wollte ich nur nachsehen, ob es noch etwas vom Sonderangebot der Vorwoche gab. Ein besonders guter und dennoch bezahlbarer italienischer Rotwein. Meine Bekannten, von denen einige speziell des Weinangebots wegen zum Dalbo gingen, sagten immer, bei den Spitzenweinen aus Italien kannst du den Preis von Dalbo einfach verdoppeln, wenn du wissen willst, was der im normalen Einzelhandel kostet.
 Ich fand noch drei Flaschen von diesem besonderen Wein, den ich Weihnachten verschenken wollte. Ich legte die Flaschen in den Einkaufswagen, schloss für einen Moment die Augen, um dann entschlossen an allen anderen Angeboten vorbeizugehen. Nur Blumen, die straußweise wie immer günstig in großen Behältern ganz in der Nähe der Kasse standen, nahm ich mit. Ich kann den Heimweg nicht mehr antreten, ohne Blumen zu kaufen. Der Weg führt mich am Friedhof vorbei. Ich mache einen Abstecher und stehe kurze Zeit später am Grab meiner Frau. Manchmal schildere ich ihr meine Einkäufe.

  Heute hatte ich mir vorgenommen, nur den Wein und nur die Blumen zu kaufen. An der Kasse  angekommen, reihte ich mich in diejenige Schlange ein, die nicht so lang war. Es waren nur zwei Frauen vor mir. Die Frau unmittelbar vor mir weckte mein Interesse, weil sie mehrere Plastik-Riegel zwischen ihre auf dem Band ausgebreiteten Artikel legte, um vermutlich Einkäufe für verschiedene Personen voneinander abzutrennen. Das war zwar nichts Ungewöhnliches, lenkte aber mein Augenmerk auch auf die andere  Frau, die jetzt vor ihr bei der Kassiererin  angekommen war. Diese ältere Frau, die auffallend ärmlich gekleidet war, hatte ihre Einkäufe ebenfalls sehr sorgfältig auf das Band gelegt, offenbar in einer bestimmten Reihenfolge ...

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